| Kernaussagen des IPCC WGIII Berichts

Fünfter Sachstandsbericht des IPCC Teilbericht 3 (Minderung des Klimawandels)

WGIII AR5 Cover

© IPCC

Der dritte Teil des Fünften IPCC-Sachstandsbericht wurde vom 7. bis 11. April 2014 in Berlin verabschiedet.

Der Bericht zeigt ökonomische, technologische und politische Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels auf.

Die Kernbotschaften des Berichts wurden zusammengefasst und herausgegeben vom Bundesumweltministerium (BMU), vom Bundesforschungsministerium (BMBF), dem Umweltbundesamt (UBA) und der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle (De-IPCC).


Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung und die wichtigsten Kernaussagen des Berichts

Zusammenfassung

Trotz Klimaschutzanstrengungen sind die weltweiten Treibhausgas-Emissionen (THG) durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum mit zunehmender Geschwindigkeit angestiegen. Sie erreichtenin dieser Dekade einen Höchststand. Die Einhaltung der Zwei-Grad-Obergrenze ist möglich.

Damit verbunden ist ein tiefgreifender Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft. Die Verzögerung weiterer globaler Maßnahmen zum Klimaschutz erschwert zunehmend die Einhaltung der Zwei-Grad-Obergrenze, reduziert die Handlungsmöglichkeiten und steigert die künftigen Klimaschutzkosten erheblich. Je weniger die Emissionen bis 2030 reduziert wurden, desto schneller müssen die Emissionen zwischen 2030 und 2050 sinken.

Klimaschutzmaßnahmen im Energiesektor, der größten Emissionsquelle von Treibhausgasen, müssten auf eine vollständige Dekarbonisierung zielen. Auf Verbraucherseite stehen Energieeinsparungen sowie der Einsatz kohlenstoffarmer Energieträger im Vordergrund. Weitere wichtige Minderungsoptionen bestehen in der Industrie, im Gebäude- und Transportbereich sowie in der Landnutzung. Eine klimafreundliche Stadtentwicklung sowie vorausschauende Infrastrukturmaßnahmen können zusätzlich Emissionen vermeiden. Durch Verhaltensänderungen können technologische und strukturelle Klimaschutzmaßnahmen ergänzt werden.

Das Klima ist ein globales Allgemeingut, daher kann weltweiter Klimaschutz nur durch internationale Kooperation erreicht werden. Ergänzende Politikmaßnahmen bis hin zur lokalen Ebene spielen eine zentrale Rolle, um die Transformation hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaftsweise zu befördern.

Beobachtete Treibhausgas - und CO2 - Emissionen

  • Die größten Quellen der weltweiten Treibhausgas-Emissionen (THG) sind der Energiesektor (global 35% im Jahr 2010), vor allem in den einkommensstarken Ländern, sowie die Bereiche Land- und Forstwirtschaft und andere Landnutzungen (24%), vor allem in einkommensschwachen Ländern. Weitere wichtige Beiträge kommen aus den Sektoren Industrie, Transport und Gebäude (jeweils 21%, 14% und 6% im Jahr 2010).
  • Den größten Anteil an den weltweiten THG-Emissionen hat weiterhin Kohlendioxid (76%), gefolgt von Methan (16%), Lachgas (ca. 6%) und fluorierten Kohlenwasserstoffen (2%).
  • 2010 erreichten die weltweiten jährlichen THG-Emissionen einen Höchststand von 49 Mrd. Tonnen CO2eq (1), der jährliche Ausstoß ist seit 2000 um rund 10 Mrd. Tonnen CO2eq gestiegen. Im Vergleich mit vorherigen Dekaden sind die globalen THG-Emissionen zwischen 2000 und 2010 noch einmal deutlich angestiegen.
  • Der Emissionszuwachs ist vor allem auf die globale Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung zurückzuführen. Die erreichten Emissionsminderungen, vor allem durch Verbesserungen bei der Energieintensität, wurden durch diesen Zuwachs übertroffen. Die CO2-Intensität der Energieerzeugung hat besonders aufgrund der verstärkten Kohleverstromung in der vergangenen Dekade erstmalig wieder zugenommen.
  • 2010 waren lediglich 10 Länder für 70% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Der Großteil des Emissionszuwachses in den vergangen 10 Jahren hat aufgrund von Verschiebungen der globalen Wirtschaftszentren in die Entwicklungs- und Schwellenländern stattgefunden. Die CO2-Emissionen dieser Länder entstehen bei der Herstellung von Produkten, die zum Teil in Industrieländern konsumiert werden.
  • Die Pro-Kopf-Emissionen bleiben weltweit sehr unterschiedlich. In einkommensstarken Ländern sind sie im Durchschnitt fast zehnmal so groß wie in einkommensschwachen Ländern (durchschnittlich 13 Tonnen bzw. 1,4 Tonnen CO2eq pro Kopf und Jahr).

(1) Der Ausdruck CO2eq steht für CO2-Äquivalente. Er berücksichtigt den Beitrag unterschiedlicher Treibhausgase zur globalen Erwärmung im Vergleich zu CO2.

Maßnahmen auf Sektorenebene

  • Die Szenarien zeigen, dass sich die Emissionen im Energiesektor ohne Klimaschutzmaßnahmen bis 2050 verdoppeln, wenn nicht verdreifachen könnten. Dabei steigt der Energiebedarf bis 2050 der End-Verbrauchsektoren Verkehr, Gebäude um etwa die Hälfte und bleibt unverändert im Industriebereich.
  • Die vollständige Dekarbonisierung der Energieversorgung, die Reduktion des Endenergieverbrauchs und der Wechsel hin zu kohlenstoffarmen Kraftstoffen stellen übergreifende Vermeidungsansätze im Energiesystem dar. Dazu müssten die CO2-Emissionen aus dem Energiesektor bis um die Mitte des Jahrhunderts (2040 bis 2070) um 90% gegenüber 2010 gesunken sein und auch danach weiter sinken. Außerdem ist damit eine Erhöhung der Energieeffizienz verbunden, flankiert durch Verhaltensänderungen. Solche sektor-übergreifenden Vermeidungsansätze werden im Vergleich zu sektoralen oder technologiespezifischen Ansätzen grundsätzlich als kosteneffizienter und wirkungsvoller in Bezug auf Emissionsreduktionen eingeschätzt.
  • Erneuerbare Energieträger haben sich hinsichtlich Leistung und Wirtschaftlichkeit substanziell weiterentwickelt und sind für die zukünftige kohlenstoffarme Energieversorgung unverzichtbar. Der Ersatz von Kohlekraftwerken durch moderne Gaskraftwerke oder die Kraft-Wärme-Kopplung können zudem kurzfristig THG-Emissionen vermindern. Bioenergie kann eine zentrale Rolle bei der Minderung von THG-Emissionen einnehmen, wenn eine effektive globale Landnutzungsplanung die Umwandlung von kohlenstoffreichen Ökosystemen verhindert und weltweit klimafreundliche, nachhaltige Land- und Forstwirtschaftsmethoden zur Anwendung kommen. Hinsichtlich der Nebenwirkungen und Risiken besteht ein hohes Maß an Unsicherheit.
  • CO2-Emissionen aus den Bereichen Land- und Forstwirtschaft und andere Landnutzungen sind in den vergangenen Jahren zurückgegangen. In diesem Bereich bestehen weiterhin kosteneffiziente Emissionsminderungsoptionen. Dazu zählen unter anderem die Drosselung von Entwaldung und nachhaltige Landnutzung. Darüber hinaus könnten veränderte Ernährungsgewohnheiten einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung der THG-Emissionen haben.
  • Um bei einer verzögerten Klimaschutzpolitik ambitionierte Klimaziele noch erreichen zu können, müsste der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen werden. Dies könnte durch großskalige Aufforstung oder durch Kombination von Bioenergie mit CO2- Abscheidung und -Speicherung geschehen. Generell gilt, dass solche und andere Maßnahmen noch nicht einsatzbereit und/oder mit unterschiedlichen Nebenwirkungen und Risiken behaftet sind.
  • Im Verkehrssektor können bis zum Jahr 2050 bis zu 20 bis 50% der Emissionen im Vergleich zu einem Business-as-usual Szenario vermieden werden. Die Steigerung der Energieeffizienz von Fahrzeugen oder die Einführung von kohlenstoffarmen Treibstoffen, Änderungen des Nutzungsver-haltens und eine nachhaltige Infrastruktur- und Städteplanung sind Beispiele für erfolgreiche Minderungsstrategien.
  • Im Gebäudebereich kann durch Nutzung fortschrittlicher Technologien, der energetischen Sanierung des Bestands und Einführung von Energieeffizienzstandards für Neubauten der Endenergieverbrauch bis 2050 stabilisiert bzw. gesenkt werden.
  • Im Industriesektor kann durch verbreiteten Einsatz der besten bereits heute verfügbaren Technologien die Energieintensität um ein Viertel gegenüber dem aktuellen Niveau gesenkt werden. Durch technologische Entwicklungen zur Verbesserung der Energieeffizienz sind Reduktionen um weitere 20% möglich. Absolute Emissionsreduktionen erfordern neben der Steigerung der Energieeffizienz auch Maßnahmen zur Erhöhung der Emissionsintensität, der Materialeffizienz und der Produktnutzungsintensität sowie die Verringerung der Produktnachfrage und die Substitution von klimawirksamen Gasen.
  • Verstädterung und die damit einhergehenden Emissionssteigerungen ist ein weltweit zu beobachtender Trend. Deswegen können in den kommenden beiden Dekaden THG-Emissionen aus städtischen Siedlungsflächen reduziert und Lock-in Effekte bei der Errichtung neuer Infrastrukturen vermieden werden. Die schnell wachsenden urbanen Räume ohne verfestigte Infrastrukturen bergen die größten THG-Vermeidungspotenziale; deren Umsetzung ist allerdings wegen der dort herrschenden technischen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie institutionellen Kompetenzen häufig beschränkt.

Politische Rahmenbedingungen, Maßnahmen und Institutionen

  • Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaftsweise erfordert neue Investitionsmuster. Dies beinhaltet eine deutliche Zunahme von Investitionen in kohlenstoffarme Technologien – insbesondere in der Stromversorgung – und in Energieeffizienzmaßnahmen. Investitionen in konventionelle, fossile Energieträger würden zurückgehen. Durch den Abbau öffentlicher Subventionen fossiler Brennstoffe sind neben Emissionsreduktionen zusätzliche Einsparungen sozialer Kosten zu erwarten.
  • Der Privatsektor spielt eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen. Es gilt entsprechende Rahmenbedingungen und spezifische Anreizstrukturen zu etablieren.
  • Technologiefreundliche Politikmaßnahmen umfassen die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie Anreize für die Nachfrage nach innovativen Produkten und Dienstleistungen. So können Marktversagen in Bezug auf Innovationen verhindert und die Entwicklung neuer Technologien und ihre Verbreitung befördert werden. Im Bereich erneuerbarer Energietechnologien haben solche Politiken zu substanzieller Innovation und Marktdurchdringung geführt. Dabei ergeben sich neue Herausforderungen für die wirtschaftliche Effizienz dieser Maßnahmen sowie für die Integration erneuerbarer Energien in bestehende Energiesysteme.
  • Eine Entkopplung der THG-Emissionen von wirtschaftlicher Entwicklung konnten jene Länder erreichen, die zusätzlich zu Technologie- und anderen Politikmaßnahmen Kohlenstoffabgaben oder Steuern auf fossile Energien eingeführt haben. Für den Erfolg von Emissionshandelssystemen ist es notwendig, ausreichend hohe Preise für Emissionszertifikate zu erreichen, um Anreize für einen Wechsel zu kohlenstoffarmen Energieträgern zu bieten.
  • Die Beachtung der Wechselwirkungen von Klimaschutzmaßnahmen mit anderen Politikfeldern hat zu neuen, integrativen Ansätzen geführt, die umweltpolitische Mehrfachziele stärker berücksichtigen, Synergien maximieren und nachteilige Wirkungen minimieren. Wechselwirkungen können dazu führen, dass sich Einzelmaßnahmen gegenseitig verstärken aber auch gegenseitig schwächen können. Kohlenstoffabgaben lassen sich leichter mit anderen Maßnahmen kombinieren. Der Emissionshandel beeinträchtigt die Wirkung anderer Maßnahmen, es sei denn, die Anzahl der zulässigen Zertifikate wird flexibel angepasst.
  • Internationale Kooperation ist notwendig für wirksamen und kostengünstigen Klimaschutz und kann eine konstruktive Rolle bei der Entwicklung und Verbreitung von Wissens- und umweltfreundlichen Technologien spielen. Effektive Emissionsminderungen sind nicht möglich, wenn Staaten ihre Einzelinteressen verfolgen.


Quelle: Deutsche IPCC Koordinierungsstelle