| Kernaussagen des IPCC WGII Berichts

Fünfter Sachstandsbericht des IPCC Teilbericht 2 (Folgen, Anpassung, Verwundbarkeit)

Cover IPCC WGII

© IPCC

Bei einer IPCC-Sitzung in Yokohama, Japan, vom 25.-30. März wurde die Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger des Beitrags der Arbeitsgruppe 2 des IPCC zum Fünften Sachstandsbericht Zeile für Zeile von den Regierungen verabschiedet und der zugrundeliegende, zweibändige Bericht angenommen. Die Kernbotschaften des Berichts wurden zusammengefasst und herausgegeben vom Bundesumweltministerium (BMU), vom Bundesforschungsministerium (BMBF), dem Umweltbundesamt (UBA) und der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle (De-IPCC).

Der Weltklimarat IPCC veröffentlicht in den Jahren 2013 und 2014 den Fünften Sachstandsbericht (AR5). Der AR5 besteht aus den Beiträgen der drei IPCC-Arbeitsgruppen und einem übergreifenden Synthesebericht. Der nun veröffentlichte Teilbericht 2 widmet sich den Risiken und Folgen des Klimawandels sowie Möglichkeiten der Anpassung.


Im Folgenden finden Sie eine erste Erläuterung und Zusammenfassung des Berichts.

Zusammenfassung

Die Folgen des Klimawandels sind schon heutein den Ökosystemen aller Kontinente und der Ozeane, aber auch in Gesellschaft und Wirtschaft zu beobachten.

Ein globaler Temperaturanstieg um 4°C und mehr gegenüber vorindustriellem Niveau würde sehr hohe Risiken für Menschen und Ökosysteme sowie unvermeidbare Schäden mit sich bringen. Der im September 2013 verabschiedete Teilbericht 1 des IPCC hat gezeigt, dass ein so hoher Temperaturanstieg ohne raschen und ambitionierten Klimaschutz möglich ist. Dann würden die Möglichkeiten für Anpassung an den Klimawandel schwinden.

Verstärkt sich der Klimawandel in den kommenden Jahrzehnten weiter, nimmt Hitzestress zu, Extremereignisse werden voraussichtlich häufiger und führen zu stärkeren negativen Folgen für Gesellschaften und Ökosysteme und es steigt die Gefahr von abrupten, unumkehrbaren Klimaänderungen mit sehr hohem Risiko (Kipppunkte).

Risiken für Menschen bestehen durch die Beeinträchtigung von Dienstleistungen der Natur (z.B. durch Extremtemperaturen, Dürreperioden, Überflutungen, Ozeanerwärmung und -versauerung sowie den daraus resultierenden Verlust an Biodiversität und Produktivität von Ökosystemen und Landwirtschaft) sowie durch Schäden an Infrastrukturen und Landverluste (z.B. durch Meeresspiegelanstieg). Zunehmender Klimawandel verlangsamt das Wirtschaftswachstum, gefährdet die Ernährungssicherheit, verschärft soziale Ungleichheiten und birgt damit die Gefahr gewaltsamer Konflikte und verstärkter Migrationsbewegungen.

Anpassungsmaßnahmen werden zunehmend in Politikprozesse und das Risikomanagement von Unternehmen integriert. Angesichts des zu erwartenden Klimawandels reichen die gegenwärtigen Anpassungsmaßnahmen jedoch nicht aus und die Kenntnisse über ihre Erfolgsbedingungen und Hemmnisse sind noch unzureichend.

Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen des Klimawandels können Risiken effektiv reduzieren. Werden Minderungs- mit Anpassungsmaßnahmen gekoppelt und berücksichtigen sie gleichzeitig nichtklimatische Faktoren (z.B. Urbanisierung, demografische Entwicklung) können Chancen für eine nachhaltige Entwicklung am besten genutzt werden.

Beobachtete Auswirkungen

Die Folgen des Klimawandels sind heute schon besonders in den Ökosystemen aller Kontinente und der Ozeane, aber auch in Gesellschaft und Wirtschaft zu beobachten. So wurde nachgewiesen, dass der Wandel von marinen und terrestrischen Ökosystemen z. B. hinsichtlich des Vorkommens, der Zusammensetzung und des Verhaltens vieler Arten, durch den Klimawandel beschleunigt wird.

Der Klimawandel zeigt bereits negative Folgen für Gesellschaften: z. B. wird die Nahrungsmittelerzeugung bisher insgesamt eher beeinträchtigt. Kürzlich beobachtete starke Preissteigerungen für Nahrungsmittel und Getreide zeigen, dass die Märkte in Produktionszentren schon gegenüber den derzeitigen Witterungsextremen empfindlich sind. Durch den Klimawandel können Preissteigerungen zunehmen und damit die Versorgung mit Nahrungsmitteln gefährden.

Zukünftige Folgen und Risiken

Die Folgen des Klimawandels – wie geänderte Niederschlagsverteilung, Ozeanversauerung und Artensterben, regional eingeschränkte Wasserverfügbarkeit und zunehmende Erosionsgefährdung – können zur Verschärfung von sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit führen und soziale Konflikte, Armut und Hunger zur Folge haben. Dadurch würde eine nachhaltige Entwicklung beeinträchtigt.

Durch das Ausmaß des derzeitigen Klimawandels sind bereits einzigartige Ökosysteme wie Korallenriffe oder weite Bereiche der Arktis inklusive der dort lebenden Bevölkerung gefährdet. Bei einer globalen Erwärmung um zusätzliche 2°C gegenüber dem Ende des 20. Jahrhunderts („heute“) erhöht sich das Gefährdungsrisiko, weil die Anpassungsfähigkeit dieser Systeme oder einzelner Arten überschritten wird. In einigen Gegenden/Ländern entstehen bei einer Erwärmung von mehr als 2°C ggü. heute zusätzlich hohe Risiken für die Getreideproduktion und die Wasserressourcen. Bereits bei einer Erwärmung von weiteren 1°C ggü. heute sind Extremwetterereignisse mit hohen Risiken verbunden.

Wenn die Menschheit durch ambitionierte und rasche Klimaschutzmaßnahmen sicherstellt, dass die 2°C-Obergrenze der globalen Erwärmung ggü. vorindustriellen Bedingungen eingehalten wird, können viele
Risiken des Klimawandels durch ausreichende Anpassung noch einigermaßen beherrscht werden. Je stärker die 2°C-Obergrenze überschritten wird, desto gravierender werden die Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft sein:

  • Der zunehmende Klimawandel kann die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen. Das kann zu einer Verschärfung der Armut vor allem in Ballungsräumen führen. Die Schäden durch den Klimawandel beschleunigen sich mit zunehmender Erwärmung. In Europa werden die ökonomischen Schäden und die Zahl der betroffenen Menschen durch Hochwasser an Flüssen und Küsten zunehmen.
  • Die allergrößten Risiken tragen arme und sozial benachteiligte Gruppen. In ärmeren Gesellschaften kann dies den Verlust des Lebens bedeuten oder starke Beeinträchtigungen der Gesundheit, in reicheren Gesellschaften eher den Verlust von ökonomischen Werten.
  • In vielen Regionen sind erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu erwarten. Auch in Europa können Hitzewellen künftig zu größeren gesundheitlichen Problemen und erhöhter Sterblichkeit führen.
  • Das Risiko von zusätzlichen Migrationsbewegungen und gewaltsamen Konflikten würde zunehmen.
  • Ohne Anpassung können landwirtschaftliche Erträge von Weizen, Reis und Mais in tropischen und mittleren Breiten schon ab einem zusätzlichen Temperaturanstieg von 2°C ggü. heute zurückgehen. In ländlichen Regionen kann dies schon in der nahen Zukunft zu negativen Folgen für die Versorgung mit Nahrungsmitteln und letztlich zur Verschärfung von Hungerkrisen führen. Die Risiken für die Nahrungsmittelproduktion und -sicherheit sind beispielsweise in Afrika sowie Mittel -und Südamerika sehr hoch.
  • In vielen Regionen ist mit Änderungen des Wasserkreislaufs durch veränderte Niederschläge sowie Eis- und Schneeschmelze zu rechnen. Dies hat Einfluss auf Wasserverfügbarkeit und -qualität, Hochwasserrisiko und Energiegewinnungspotenzial. In Europa ist mit einer steigenden Nachfrage von Wasser z. B. für die landwirtschaftliche Bewässerung oder den privaten Gebrauch zu rechnen; eine abnehmende Wasserverfügbarkeit aus Flüssen und erneuerbaren Grundwasserressourcen kann dazu führen, dass dieser Wasserbedarf nicht gedeckt werden kann.
  • Risiken durch Extremereignisse wie Starkniederschläge, Hitze- oder Trockenperioden werden künftig voraussichtlich zunehmen. Dadurch sind nicht nur die Menschen v. a. in Ballungsräumen auf allen Kontinenten direkt betroffen, sondern auch Infrastrukturen, z. B. zur Wasser- und Energieversorgung.

Mit einer Überschreitung der 2-Grad-Obergrenze werden auch schwerwiegende Folgen für Ökosysteme erwartet:

  • Der Klimawandel wird die Biodiversität und die Artenzusammensetzung weiter beeinträchtigen und damit auch Auswirkungen auf Dienstleistungen der Natur haben. Beispielsweise werden erhöhte Wassertemperaturen und die Versauerung der Ozeane zu sehr starken Schäden an Korallenriffen führen. In den arktischen Polarregionen kann der Klimawandel die Lebensräume einiger Arten sowie die Produktion von mariner Biomasse und damit die Nahrungsketten beeinträchtigen. In Europa können ökologisch wertvolle Feuchtgebiete in Küstenregionen und Pflanzengesellschaften in den Alpen zerstört werden.
  • Ein starker Klimawandel kann Ökosysteme komplett verändern, wenn bspw. aus dem amazonischen Regenwald ein vollkommen anderes, an Trockenbedingungen angepasstes Ökosystem werden sollte. Ein solch grundlegender Wandel von Ökosystemen kann neben regionalen Auswirkungen auch negative Folgen für das globale Klima haben und wird dann nicht mehr rückgängig zu machen sein.

Anpassungsmaßnahmen

Anpassung an den Klimawandel ist langfristig am erfolgreichsten, wenn die Veränderung von Ökosystemen und sozioökonomische Entwicklungen wie Urbanisierung oder Demografie berücksichtigt werden. Soziale Benachteiligung – z. B. aufgrund von Geschlecht oder ethnischer Zugehörigkeit – und vor allem zunehmende Armut erhöhen die Verwundbarkeit durch den Klimawandel.

Anpassung ist zunehmend in verschiedene Politikfelder und in das Risikomanagement von Unternehmen integriert. Momentan sind jedoch die Kenntnisse über Erfolgsbedingungen und Hemmnisse von Anpassungsmaßnahmen noch unzureichend. Daher sind zunächst solche Maßnahmen zu bevorzugen, die unabhängig vom Ausmaß des Klimawandels auch die Umwelt- und Lebensqualität erhöhen. Hierfür ist eine langfristige Planung nötig, die auch mögliche negative Nebeneffekte berücksichtigt. Nationale Regierungen können die regionale und lokale Anpassung unterstützen, indem sie die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen schaffen, besonders verwundbare Ökosysteme und Gruppen schützen, sowie Informationen und finanzielle Unterstützung bereitstellen.

Maßnahmen zur Anpassung an sowie zur Minderung des Klimawandels können Risiken effektiv reduzieren. Denn je stärker der Klimawandel voranschreitet, desto mehr nehmen weltweit die Risiken zu und desto eher werden die Grenzen der Anpassung erreicht.

Je früher und ambitionierter Minderung und Anpassung erfolgen, desto besser lassen sich die notwendigen Maßnahmen miteinander verbinden. Je später gehandelt wird (Minderung und Anpassung), desto mehr werden die Möglichkeiten für eine nachhaltige Entwicklung eingeschränkt. Um eine nachhaltige und klimaschonende Entwicklung zu erreichen, können grundlegende wirtschaftliche, gesellschaftliche, technologische und politische Transformation notwendig werden.


Quelle: Deutsche IPCC Koordinierungsstelle